Der 53. Deutsche Verkehrsgerichtstag findet vom 28. bis 30. Januar 2015 in Goslar statt. Zahlreiche Themen beschäftigen die Experten in den unterschiedlichen Arbeitskreisen. So geht es unter anderem um die Promillegrenze für Radfahrer, den europäischen Führerscheintourismus sowie das automatisierte Fahren.
Denn in der Zukunft sollen die Autos von Rechners gelenkt werden. Allerdings stellen sich dabei viele rechtliche Fragen bis hin zur Haftung. Die Statements von Rechtsanwalt Swen Walentowski vom Deutschen Anwaltvereins dazu im Einzelnen:
Arbeitskreis I: Europäischer Führerscheintourismus
Begrenzter Führerschein in Europa?
Der europäische Führerscheintourismus beschäftigt eigentlich ohne Not immer wieder die Gemüter. Der Europäische Gerichtshof hat erläutert, dass man sich in einem vereinten Europa überall niederlassen kann und auch dort den Führerschein machen kann. Diese gelten dann europaweit. Nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) stehen deutsche Führerscheinbehörden nicht über dem EU-Recht. Die Führerscheine sind anzuerkennen, unabhängig davon, ob gegen den Fahrer noch MPU-Auflagen bestehen oder nicht. Es ist auch nicht erwiesen, ob Führerscheininhaber aus Mitgliedsstaaten verkehrsauffälliger fahren als Inhaber eines deutschen EU-Führerscheins.
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Arbeitskreis II: Automatisiertes Fahren
Der Gesetzgeber ist gefordert!
Nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV)
hinken die Gesetze den neuen technischen Möglichkeiten dramatisch hinterher.
„Es reicht nicht, alte Gesetze unter den neuen Gegebenheiten neu zu interpretieren, es müssen neue Gesetzte her“, fordert Rechtsanwältin Dr. Daniela Mielchen von den DAV-Verkehrsrechtsanwälten. Bisher sind Sanktionen nach deutschem Recht an fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln des Autofahrers geknüpft. Ein solches liegt bei systemseitigem Fehlverhalten nicht vor. Hier müsste durch Neuregelung die Verantwortlichkeit, wenn etwas passiert, definiert werden.
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Arbeitskreis III: Neue Promillegrenzen für Radfahrer?
Wie im Anschreiben schon aufgeführt, lehnt der DAV neue Promillegrenzen für Radfahrer ab.
„Ein Fahrrad ist viel leichter zu bedienen als ein Kraftfahrzeug“, so Rechtsanwalt Martin Diebold von den DAV-Verkehrsrechtsanwälten. Es darf auch nicht übersehen werden, dass die Gefahr für andere, die von einem Fahrrad ausgeht, wesentlich geringer ist. Eine mit der
0,5 Promillegrenze für Autofahrer vergleichbare Promillegrenze für Radfahrer ist ebenfalls nicht notwendig. Es existieren keine belastbaren Zahlen bzw. wissenschaftliche Erkenntnisse, anhand derer eine solche Grenze begründet werden könnte.
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Arbeitskreis IV: Unfallrisiko Landstraße
Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) spricht sich dafür aus, die Verkehrssicherheit mit einer wirksamen Seitenmarkierung zu verbessern. Eine Abholzung der Alleen ist nicht notwendig. „Gerade strukturierte Seitenmarkierungen (sogenannte Rumpelstreifen) können das Unfallrisiko auch an Alleen erheblich mindern“, erläutert Rechtsanwalt Andy Ziegenhardt von der DAV-Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht. Nur so kann dem Spannungsfeld zwischen Erhalt der Schönheit und Unversehrtheit der Natur auf der einen Seite und der Verkehrssicherheit auf der anderen Seite wirksam begegnet werden.
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Arbeitskreis V: Ablenkung durch moderne Kommunikationstechniken
Die Nutzung moderner Kommunikationsmittel sollte durch die in Fahrzeuge eingebauten Geräte von den Herstellern zusammengefasst werden. Diese sollten dann aber nur eingeschränkt oder teilweise gar nicht während der Fahrt nutzbar sein. Ein Beispiel: Die Internetnutzung sollte gänzlich während der Fahrt entfallen. „Auch wenn es den Ermittlungsbehörden meist nicht gelingt, die Ablenkung durch moderne Kommunikationstechniken als Unfallursache nachzuweisen, sollte dies nicht dazu führen, in solchen Verfahren den Zeitpunkt und den Umfang der Nutzung solcher Geräte den Behörden zugänglich zu machen. Dies ist unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes unzulässig“, so Rechtsanwalt Christian Funk von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
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Arbeitskreis VI: Alternative Reparaturmethoden
Ausbessern ist keine Reparatur! Geschädigte haben einen Anspruch auf vollständige Behebung des Schadens, so die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Geschädigte sollten sich nicht mit einer Ausbesserung zufrieden geben, sonst drohen später böse Überraschungen, beispielsweise wenn man das Fahrzeug verkaufen möchte. Auch das vermeintlich reparierte Fahrzeug kann später Probleme bereiten. „Will man sein Auto verkaufen, muss eine nicht fachgerechte Reparatur offenbar werden. Das wirkt sich natürlich negativ auf den Verkaufspreis aus“, erläutert Rechtsanwalt Jens Dötsch von den DAV-Verkehrsrechtsanwälten. Auch sollte man sich nicht ohne weiteres von der Versicherung auf Smart-Repair verweisen lassen.
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Arbeitskreis VII: Anscheinsbeweis im Verkehrsrecht
„Der Anscheinsbeweis wird leider in der gerichtlichen Praxis schablonenhaft ohne kritische Überprüfung angewandt“, so Rechtsanwältin Verena Bouwmann von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Es ist vielmehr notwendig, in der Praxis genau zu prüfen, ob tatsächlich ein typischer Geschehensablauf vorliegt, der eine Haftungsverteilung aufgrund eines Anscheinsbeweises erlaubt. Der Anscheinsbeweis darf auch nicht dazu verleiten, den konkreten Unfallhergang mühsam aufzuklären. Die Besonderheiten jedes einzelnen Unfalls müssten berücksichtigt werden, damit eine Einzelfallgerechtigkeit bestehen bleibt.
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