Category Archives: Recht

09Jun/11

Versicherte haben Anspruch auf antiallergene Zwischenbezüge

 Halle/Berlin (DAV). Gesetzlich Krankenversicherte mit Hausstaubmilbenallergie haben einen Anspruch auf antiallergene Matratzenzwischenbezüge. Das entschied das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt am 7. Oktober 2010 (AZ: L 10 KR 17/06), wie die Medizinrechtsanwälte des Deutschen Anwaltvereins mitteilen.

Der Kläger litt unter einer Hausstaubmilbenallergie. Bei seiner gesetzlichen Krankenversicherung beantragte er die Erstattung der Kosten für zwei allergendichte Matratzenzwischenüberzüge. Eine entsprechende ärztliche Bescheinigung legte er vor. Die Krankenkasse lehnte ab: Bei den Überzügen handele es sich um Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Außerdem seien sie nicht in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen.

Das sahen die Richter anders. Um die allergieauslösenden Kontakte mit dem Kot der Hausstaubmilbe zu verhindern und damit auch einer weitergehenden Behinderung durch die Reaktionen vorzubeugen, seien die antiallergenen Matratzenbezüge ein geeignetes und erforderliches Mittel. Sie seien auch kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, der von der Leistungspflicht der Krankenkassen ausgenommen sei. Die Richter sahen hier auch einen entscheidenden Unterschied zu antiallergener Bettwäsche: Diese habe eine Doppelfunktion als medizinisches Hilfsmittel und als Gebrauchsgegenstand des Alltags. Dagegen hätten die Matratzenzwischenbezüge nur die Funktion, vor dem Allergen zu schützen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Informationen: www.arge-medizinrecht.de

06Jun/11

Nebenkostenabrechnung: Einsicht in die Belege vor Ort

 Freiburg/Berlin (DAV). Mieter haben grundsätzlich einen Anspruch, die Nebenkostenabrechnung durch Einsicht in die Belege zu überprüfen. Liegt der Sitz des Vermieters weit entfernt von der Wohnung, kann der Mieter verlangen, am Ort des Mietobjekts Einsicht in die Belege der Betriebskostenabrechnung zu nehmen. Er muss sich auch nicht mit der Übersendung von Fotokopien zufrieden geben. Die Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV) informiert über ein entsprechendes Urteil des Landgerichts Freiburg vom 24. März 2011 (AZ: 3 S 348/10).

Der Kläger mietete eine Wohnung in Freiburg von einer in Karlsruhe ansässigen Wohnungsbaugesellschaft. Diese Wohnungsbaugesellschaft wurde später von einer anderen Gesellschaft mit Sitz in Bochum übernommen. Als der Mieter eine Nebenkostenabrechnung prüfen wollte, wurde ihm die Einsichtnahme im 400 Kilometer entfernten Bochum oder die Übersendung von Fotokopien angeboten. Der Mieter lehnte beides ab und verlangte, in Freiburg Einsicht in die Abrechnungsbelege zu erhalten.

Zu Recht! Bei einem Wohnungsmietvertrag mit einer Vielzahl von Verpflichtungen gebe es keine von vornherein einheitlichen Erfüllungsorte. Grundsätzlich könne der Vermieter der Verpflichtung zur Vorlage der Belege nachkommen, wenn Vermieter und Mieter ihre Wohnung bzw. ihren Sitz im gleichen Ort haben. Sind Mietsache und Sitz des Vermieters weit voneinander entfernt, könne der Mieter jedoch Einsicht am Mietort verlangen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn – wie hier – der Mieter bei Vertragsabschluss nicht damit habe rechnen müssen, sich zur Einsichtnahme nach Bochum begeben zu müssen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass dem Mieter die Originale nicht in dessen Wohnung vorgelegt werden müssten, sondern dies durchaus in den Räumen der örtlichen Hausverwaltung geschehen könne. Deshalb müsse sich der Mieter auch nicht auf die Übersendung von Fotokopien verweisen lassen. Er habe ein berechtigtes Interesse, zunächst Einsicht in die Originale zu erhalten.

Nach Ansicht der DAV-Mietrechtsanwälte empfiehlt es sich, eine Vereinbarung über den Ort der Einsichtnahme in die Abrechnungsbelege in den Mietvertrag aufzunehmen. Eine Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Vermieters dürfte nicht ausreichen.

Informationen: www.mietrecht.net

06Jun/11

Eigentümerversammlung kann Volldämmung der Fassade durchsetzen

 Frankfurt am Main/Berlin (DAV). Ist eine Fassade schadhaft, kann die Eigentümergemeinschaft unter mehreren Möglichkeiten der Sanierung wählen. Besteht sowohl die Möglichkeit einer Vollwärmedämmung als auch einer Teildämmung der Fassade, kann auch die teurere Variante der Vollwärmedämmung beschlossen werden. Auf eine entsprechende Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15. November 2010 (AZ: 20 W 138/08) weist die Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV) hin.

In einer Eigentumswohnung bildete sich Schimmel. Der Schimmel hatte seine Ursache in Mängeln der Fassade. Ein Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass zur Behebung des Mangels entweder die Giebelseite mit Kosten von ca. 17.000 Euro oder die komplette Hausfassade mit Kosten von ca. 34.900 Euro gedämmt werden können. Die Wohnungseigentümer beschlossen, die komplette Hausfassade zu dämmen. Ein Wohnungseigentümer – der Kläger – meinte, dies sei nicht erforderlich, sondern es sei eine Teildämmung ausreichend.

Die Klage war erfolglos. Die Wärmedämmung der gesamten Hausfassade stelle keine bauliche Veränderung dar. Die Renovierung geschehe aufgrund der Mängel an der Fassade und somit liege eine modernisierende Instandsetzung vor. Bei einer Teildämmung bestehe die Gefahr, dass sich an den nicht gedämmten Bauteilen Schimmel bilde. Angesichts dieses Risikos hätte ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Wohnungseigentümer eine Volldämmung gewählt. Wohnungseigentümer könnten ferner eine technische Lösung wählen, die geeignet sei, den Baumangel dauerhaft zu beseitigen. Das Ermessen der Wohnungseigentümer sei jedenfalls nicht überschritten, wenn mehrheitlich über eine Mindestsanierung hinaus Arbeiten vorgenommen werden. Somit musste der Kläger die Entscheidung hinnehmen.

Informationen: www.mietrecht.net

30Mai/11

Unzulässige Endrenovierung: Ansprüche verjähren nach sechs Monaten

 Kassel/Berlin (DAV). Stellt ein Mieter fest, dass er Schönheitsreparaturen, etwa eine Endrenovierung, aufgrund einer ungültigen Mietvertragsklausel unnötig durchgeführt hat, muss er seinen Anspruch auf Rückzahlung zügig anmelden. Dieser verjährt ansonsten nach sechs Monaten. Darüber informiert die Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV) und verweist auf ein Urteil des Landgerichts Kassel vom 7. Oktober 2010 (AZ: 1 S 67/10).

Nach seinem Auszug Ende März 2007 verlangte der Mieter mit Klage vom 10. Januar 2008 vom Vermieter die Rückzahlung der Kosten für die Endrenovierung. Der frühere Mieter argumentierte, der Vermieter habe von ihm zu Unrecht, nämlich auf Grundlage einer unwirksamen Renovierungsklausel im Mietvertrag, die Durchführung einer Endrenovierung verlangt.

Vor Gericht hatte er jedoch keinen Erfolg. Zwar gebe es in der Tat keinen mietvertraglichen Anspruch auf die Endrenovierung durch den Mieter, da die entsprechende Vertragsklausel ungültig sei. Jedoch sei der Anspruch auf Rückzahlung der Kosten verjährt. Die Verjährungsfrist betrage vom Ende des Mietverhältnisses ab sechs Monate.

Die Richter ließen wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles die Revision zu. Es sei zu erwarten, dass die hier vorliegende Verjährungsproblematik von Ansprüchen, die aus ungerechtfertigt durchgeführten Schönheitsreparaturen aufgrund ungültiger Renovierungsklauseln entstünde, häufiger vorkomme. Eine höchstrichterliche Entscheidung dazu gebe es bisher noch nicht.

Informationen: www.mietrecht.net

30Mai/11

Radweg muss benutzt werden, auch wenn er Mindestanforderungen nicht genügt

 München/Berlin (DAV). Radfahrer müssen unter bestimmten, eng umgrenzten Umständen Radwege auch dann benutzen, wenn diese nicht den Mindestanforderungen der Straßenverkehrsordnung entsprechen. Das gilt etwa dann, wenn die Mitbenutzung der Fahrbahn den Verkehr an dieser Stelle zusätzlich gefährden würde. Das entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof am 6. April 2011 (AZ: 11 B 08.1892), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.

Ein Radfahrer hatte sich gegen die Radwegbenutzungspflicht auf einer Münchner Straße zur Wehr gesetzt, da der Weg nicht den Mindestanforderungen entsprach. Die Verwaltungsvorschrift sieht vor, dass gekennzeichnete Radwege eine Mindestbreite von 1,50 Metern aufweisen müssen. Die tatsächliche Breite des fraglichen Radwegs bewegte sich jedoch nur zwischen 0,72 und 1,29 Metern. Deswegen war der Radfahrer der Meinung, dass er den Weg nicht benutzen müsse.

Das sahen die Richter anders. Die Radwegbenutzung dürfe hier trotzdem angeordnet werden, weil auf der Straße aufgrund der örtlichen Verhältnisse eine besondere Gefahr bestehe. Diese Gefährdung würde nochmals deutlich gesteigert, wenn Radfahrer die Fahrbahn mitbenutzten. Die Benutzung des vorhandenen Radwegs sei zumutbar. Sein Ausbau sei aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht ohne weiteres möglich.

Informationen: www.verkehrsrecht.de