Magazin: Langzeitarbeitslosigkeit – Können wir uns diese überhaupt noch leisten?!

Die Wirtschaft brummt. Unternehmen suchen händeringend Personal. Mehr als 750.000 frei Stellen werden järhlich angeboten. Dem stehen rund 900.000 Langzeitarbeitslose gegenüber. Ihre Zahl verharrt seit Jahren auf einem ähnlich hohen Niveau. Im Rahmen eines sozialen Arbeitsmarktes will die neue Große Koalition Langzeitarbeitslose mit öffentlich bezuschussten Jobs wieder in Arbeit bringen.

Kritiker bezweifeln aber, dass die Maßnahmen den gewünschten Erfolg bringen.
Katrin Müller berichtet.

Die Zahl der Jobsuchenden sinkt kontinuierlich, die Zahl der Langzeitarbeitslosen stagniert dagegen seit Jahren bei knapp einer Million. Die neue Bundesregierung will nun viel Geld in die Hand nehmen, um auch Menschen mit schlechten Jobperspektiven den Weg in den Arbeitsmarkt zu ebnen. Der Bundestagsabgeordnete Peter Weiß ist Vorsitzender der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der Unions-Fraktion und erklärt, was unter dem Stichwort sozialer Arbeitsmarkt geplant ist:

O-Ton: Da geht es darum, dass wir denjenigen, die es ganz besonders schwer haben, in den Arbeitsmarkt zu kommen, ein Angebot machen wollen, in dem wir Lohnkostenzuschüsse von bis zu 100 Prozent bezahlen. Das auch über einen längeren Zeitraum und zusätzlich mit einem Coach, den wir den betreffenden Personen an die Seite stellen, der mit zur Stabilisierung beitragen kann und der auch für den Arbeitgeber eine Adresse ist, an die er sich wenden kann, wenn es zu Schwierigkeiten kommt. (31 Sek.)

Wie der soziale Arbeitsmarkt genau ausgestaltet werden soll, wird laut Peter Weiß noch beraten. Sven Kramer, Geschäftsführer der PEAG Personal GmbH, findet das Konzept an sich gut, warnt aber vor unerwünschten Nebeneffekten:

O-Ton: Man muss allerdings aufpassen, dass man mit dem sozialen Arbeitsmarkt, den ich grundsätzlich begrüße, nicht reguläre Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt verdrängt. Auch dort werden gering qualifizierte Menschen beschäftigt. Und wenn jetzt Vater Staat kommt und einen Lohnkostenzuschuss von bis zu 100 Prozent bietet, dann wird es Mitnahmeeffekte geben, was dem ersten Arbeitsmarkt eher schaden wird. (22 Sek.)

Fraglich ist auch, wie zwischen bloßer Beschäftigungstherapie und einer dauerhaften Integration in den Arbeitsmarkt unterschieden wird. CDU-Politiker Peter Weiß betont, die Vermittlung auch von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt habe in jedem Fall Vorrang:

O-Ton: Wir werden natürlich auch die Beschäftigungsgesellschaften, die es gibt, nutzen. Allerdings muss es so sein, dass dann die Leute nicht auf ewige Zeit in der Beschäftigungsgesellschaft bleiben, sondern dass es auch Regeln gibt, mit denen regelmäßig überprüft wird, ob es nicht doch langsam möglich ist, auch in den ersten Arbeitsmarkt zu wechseln. (20 Sek.)

Nach Auffassung des Präsidenten von Diakonie Deutschland e.V., Ulrich Lilien können Langzeitarbeitslose nur erfolgreich und dauerhaft vermittelt werden, wenn man ihre Einzelschicksale im Blick behält:

O-Ton: Der soziale Arbeitsmarkt kann helfen, wenn im Vorfeld wirklich individuelle Hilfeplanung passiert – das heißt also, dass sich die unterschiedlichen Beteiligten, die wir brauchen: Coaches, Menschen, die für die anderen Fragen, die diese Leute umtreiben und die das Hemmnis ausmachen, mit an diesen Hemmnissen arbeiten und gemeinsam mit denen arbeiten, die sagen: wir wollen dich wieder integrieren. (22 Sek.)

In der Wirtschaft und bei Sozialverbänden stößt das Konzept eines sozialen Arbeitsmarktes auf offene Ohren. Ob damit die Zahl der Langzeitarbeitslosen dauerhaft gesenkt werden kann, muss sich noch zeigen. Aus der Wirtschaft kommt auch die Forderung an die Politik, andere Instrumente, die Jobsuchende nachweislich in Arbeit gebracht haben – wie die Zeitarbeit – nicht zu begrenzen.

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