Tag Archives: Anwalt

19Mai/11

„Jesus hat Sie lieb“ – Kündigungsgrund

 Hamm/Berlin (DAV). Verwendet ein Call-Center-Agent bei der telefonischen Verabschiedung die Formel „Jesus hat Sie lieb“, kann er gekündigt werden. Eine Kündigung schränkt die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des Klägers nicht unzulässig ein, urteilte das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm am 20. April 2011 (AZ: 4 Sa 2230/10), wie die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) mitteilt.

Der Kläger arbeitete seit 2004 bei der Beklagten als Call-Center-Agent. Er ist tief religiös und beendete mindestens seit Januar 2010 die telefonisch geführten Kundengespräche mit der Verabschiedungsformel „Jesus hat Sie lieb, vielen Dank für Ihren Einkauf bei uns und einen schönen Tag“. Nachdem der Arbeitgeber die verwendete Schlussformel beanstandete, berief sich der Kläger auf seine religiöse Überzeugung. Nach Beteiligung des Betriebsrats kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos und hilfsweise fristgerecht.

Dagegen wehrte dieser sich mit einer Kündigungsschutzklage. Er hielt die Kündigung für unwirksam: Er versuche lediglich, sowohl seinen arbeitsrechtlichen als auch seinen religiösen Verpflichtungen nachzukommen. Kundenbeschwerden habe es nicht gegeben. Nach Ansicht des Arbeitgebers hingegen berechtigten die Glaubensüberzeugungen den Kläger nicht dazu, sich Arbeitsanweisungen beharrlich zu widersetzen.

Das Arbeitsgericht Bochum gab dem Beschäftigten noch Recht: Die Kündigung sei unwirksam, weil die unternehmerische Freiheit des Arbeitgebers hinter die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des Mitarbeiters zurückzutreten habe. Der Kläger genieße daher Grundrechtsschutz aus Artikel 4 des Grundgesetzes.

Das LAG Hamm sah dies anders: Die Richter ließen sich nicht davon überzeugen, dass der 29-Jährige in Gewissenskonflikte geraten wäre, hätte er die Abschiedsformel weggelassen. Ein Arbeitnehmer, der sich darauf beruft, dass die Befolgung einer Arbeitsanweisung ihn in seiner Glaubensfreiheit beeinträchtige, müsse nachvollziehbar darlegen, dass er ohne innere Not nicht von einer aus seiner Sicht zwingenden Verhaltensregel absehen könne. Dies habe der Kläger im vorliegenden Fall nicht überzeugend getan.

Informationen: www.ag-arbeitsrecht.de

18Mai/11

O-Ton + Magazin: Verwaltungsgebühren auch für „abgebrochenes“ Abschleppen

 Wenn ein falsch geparktes Fahrzeug abgeschleppt werden soll und der Fahrer kommt noch rechtzeitig dazu, muss er trotzdem neben Verwarnungsgeld und Abschleppkosten auch Verwaltungsgebühren bezahlen.
Bettina Bachmann, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein:

[podcast]http://www.vorabs.de/sounds/717.mp3[/podcast]

O-Ton: Ja, weil die Verwaltungsgebühr ja auch schon deswegen anfällt, weil ein Mitarbeiter der Stadt, des Ordnungsamtes, vor Ort sein musste, um zu entscheiden, sind die Voraussetzungen für das Abschleppen gegeben? Darf das Fahrzeug überhaupt abgeschleppt werden? Und dadurch ist schon die Verwaltung tätig geworden und die Verwaltungsgebühr musste da auch in voller Höhe von 50 Euro gezahlt werden. – Länge 21 sec.

Mehr dazu unter www.verkehrsrecht.de.

Magazin: Verwaltungsgebühren auch für „abgebrochenes“ Abschleppen

Wenn ein falsch geparktes Fahrzeug abgeschleppt werden soll und der Fahrer kommt noch rechtzeitig dazu, muss er trotzdem neben Verwarnungsgeld und Abschleppkosten auch Verwaltungsgebühren bezahlen. Das berichten die Verkehrsrechtsanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV) unter Verweis auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen.

[podcast]http://www.vorabs.de/sounds/718.mp3[/podcast]

Beitrag:

Da freut sich die marode Stadtkasse:

O-Ton: SFX

Auch wenn das Auto noch nicht umgesetzt wurde, darf der Kämmerer schon die Hand aufhalten. Bettina Bachmann, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein:

O-Ton: Sicher, weil dadurch ja schon Kosten entstanden sind, wenn der Wagen sich nähert, auch wenn das Auto noch nicht aufgeladen ist. Denn der wurde ja angefordert. Verwaltungsgebühren fallen an, es muss jemand schauen, ob überhaupt die Voraussetzungen gegeben sind, dass das Auto abgeschleppt wird. Also, es empfiehlt sich nicht ordnungswidrig zu parken. – Länge 14 sec.

Im dem Fall stand der Wagen in der Busspur – also genau da, wo er nicht stehen darf! Und dann nahm das Drama seinen Lauf:

O-Ton: Das Abschleppen des Fahrzeugs wurde veranlasst und während der Abschleppvorgang im Gang war, erschien der Eigentümer und beglich gleich die angefallenen Abschleppkosten und auch das Verwarnungsgeld. Er weigerte sich allerdings die Verwaltungsgebühren in Höhe von 50 Euro zu bezahlen. – Länge 17 sec.

Doch damit zog er vor dem Verwaltungsgericht den Kürzeren.

O-Ton: SFX

Die Begründung der Richter war simpel, sagt Bettina Bachmann:

O-Ton: Ja, weil die Verwaltungsgebühr ja auch schon deswegen anfällt, weil ein Mitarbeiter der Stadt, des Ordnungsamtes, vor Ort sein musste, um zu entscheiden, sind die Voraussetzungen für das Abschleppen gegeben? Darf das Fahrzeug überhaupt abgeschleppt werden? Und dadurch ist schon die Verwaltung tätig geworden und die Verwaltungsgebühr musste da auch in voller Höhe von 50 Euro gezahlt werden. – Länge 21 sec.

Mehr dazu unter www.verkehrsrecht.de.

Absage

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18Mai/11

O-Ton: Keine Betriebsgefahr bei abgestelltem Motorrad

 Generell geht von Kraftfahrzeugen eine sogenannte Betriebsgefahr aus. Dies bedeutet, dass sich allein schon aus dem Betrieb eines Fahrzeugs eine Gefahr ergibt. Aber – so das Landgericht Tübingen – von einem abgestellten Motorrad geht diese Betriebsgefahr nicht mehr aus.

Bettina Bachmann von den Verkehrsrechtsanwälten des Deutschen Anwaltvereins:

[podcast]http://www.vorabs.de/sounds/721.mp3[/podcast]

O-Ton: Ein Motorrad war ordnungsgemäß abgestellt und fiel um. Es konnte auch nicht geklärt werden, ob dies durch einen Windstoß oder einen Fußgänger geschehen ist. Es fiel auf ein Auto und beschädigte die Motorhaube. Jetzt wollte die Versicherung des Autofahrers Geld vom Motorradfahrer haben, weil von seinem Fahrzeug noch eine Betriebsgefahr ausgegangen sei und daher der Schaden gequotelt werden müsse. – Länge 28 sec.

Aber – so die Richter – der Motorradinhaber muss nicht haften. Weitere Informationen dazu unter verkehrsrecht.de.

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16Mai/11

Keine Ersatzzustellung ohne den Empfänger darüber zu informieren

Köln/ Berlin (DAV). Paketdienste dürfen Postsendungen nicht an Nachbarn oder Hausbewohner aushändigen, ohne den eigentlichen Empfänger darüber zu benachrichtigen. AGB-Klauseln, die das anders regeln, sind eine unangemessene Benachteiligung für den Paketempfänger und somit ungültig, so das Oberlandesgericht (OLG) Köln am 2. März 2011 (AZ: 6 U 165/10 OLG). Damit hob es eine Entscheidung des Landgerichts (LG) Köln vom 18. August 2010 auf, wie die Deutsche Anwaltauskunft mitteilt.

Ein Paketdienst hatte in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Ersatzzustellung an Hausbewohner und Nachbarn, ohne den Empfänger über die Zustellung der Sendung zu informieren, vorgesehen. Dagegen klagte ein Verbraucherschutzverein und war zuvor allerdings mit der Klage vor dem LG Köln gescheitert. Das LG sah die Klausel als wirksam an und wies die Klage ab.

Anderer Auffassung ist das OLG Köln. Es sieht in einer solchen Vertragsklausel eine unangemessene Benachteiligung des Empfängers. Grundsätzlich sei es dem Beförderungsunternehmen zumutbar, eine Benachrichtigung an den Empfänger zu hinterlassen. Andernfalls würde dem berechtigten Interesse des Verbrauchers nicht genügend Rechnung getragen. Es sei notwendig, dass der Empfänger von der Ankunft der Sendung erfährt und darüber in Kenntnis gesetzt wird, wo sich sein Besitz derzeit befindet.

Informationen: www.anwaltauskunft.de

13Mai/11

Veranstalter von Singspielen können kindliches Trauma nicht immer vorhersehen

Bamberg/Berlin (DAV). Wenn im Zeltlager ein Singspiel durchgeführt wird und ein Kind dadurch ein schweres Trauma erleidet, muss der Veranstalter nicht automatisch Schmerzensgeld zahlen. Ein Trauma durch das Singspiel muss für den Veranstalter des Zeltlagers zumindest vorhersehbar sein, damit er haftbar wird, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg am 5. Januar 2011 (AZ: 5 U 159/10), wie die Deutsche Anwaltauskunft mitteilt.

Der minderjährige Kläger wollte vom Veranstalter eines Zeltlagers, an dem er mit seinem Vater teilgenommen hatte, Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000 Euro einklagen. Der Kläger behauptete, ein Singspiel, bei dem sein Vater mitgewirkt hatte, habe bei ihm ein schweres Trauma ausgelöst. Im Rahmen dieses Singspiels wurde der Vater des Klägers von einem Mädchen mittels „Fingerpistole“ schauspielerisch erschossen. Der Kläger und seine Eltern vertraten die Ansicht, dass er dadurch ganz erhebliche psychische Beeinträchtigungen erlitten habe. Der Zeltlager-Veranstalter verteidigte sich damit, dass das Singspiel seit Jahrzehnten ohne gesundheitliche Beeinträchtigung der Teilnehmer oder Zuschauer aufgeführt werden konnte. Auch hätten die anderen Teilnehmer am Zeltlager nach dem Singspiel weder am Kläger noch an seinem Vater eine nachteilige Veränderung feststellen können.

Das OLG bestätigte die Klageabweisung durch das Landgericht Coburg. Ein Verschulden der Verantwortlichen des Singspiels sei nicht zu erkennen. Für ein Verschulden sei es erforderlich, dass die Verantwortlichen die Gefahr eines Traumas bei einem 7jährigen durch das Singspiel hätten erkennen können. Unter Berücksichtigung der Einzelheiten des Falles sei dies zu verneinen. Es komme aufgrund fehlenden Verschuldens seitens der Veranstalter auch nicht darauf an, ob das Kind tatsächlich eine Belastungsstörung erlitten hat. Nach Ansicht der Richter könne bei Kindern im Alter von sieben Jahren vorausgesetzt werden, dass sie zwischen Spiel und Realität unterscheiden können. Auch das Verhalten des Vaters, der am Singspiel mitgewirkt hatte, spreche dafür, dass die behaupteten Auswirkungen nicht vorhersehbar waren.

Informationen: www.anwaltauskunft.de