Category Archives: Recht

22Jul/11

Verkehrsschilder müssen sichtbar sein


Hamm/Berlin (DAV). Verkehrsschilder, die zugewachsen sind, entfalten keine Wirkung. Autofahrer müssen aus der Umgebung – beispielsweise durch die Art der Bebauung – nicht ahnen, dass sie durch eine Tempo-30-Zone fahren. Auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 30. September 2010 (AZ: III-3 RBs 336/09) weist die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hin.

Ein Autofahrer wurde zu einer Geldbuße wegen Überschreitung der Geschwindigkeit in einer Tempo-30-Zone um 40 km/h verurteilt. Das entsprechende Verkehrsschild war jedoch durch Laub verdeckt und objektiv nicht erkennbar, weswegen der Fahrer klagte. Das Amtsgericht führte aus, dass der Autofahrer aufgrund der örtlichen Verhältnisse wie etwa die Art der Bebauung und einer verengten Fahrbahn hätte erkennen können, dass der Bereich als Tempo-30-Zone ausgestaltet war.

Das sah das Oberlandesgericht anders. Maßgebend für die Verbindlichkeit von Verkehrsschildern sei deren Erkennbarkeit. Ebenso gelte der Sichtbarkeitsgrundsatz. Da das Geschwindigkeitsschild durch Laub verdeckt gewesen sei, habe es keine Wirkung entfaltet. Es bleibe daher bei einem Geschwindigkeitsverstoß wegen Überschreitung der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h, also einer Überschreitung um „nur“ 20 km/h.

Wegen der geringeren Höhe des Bußgeldes und da es für eine Geschwindigkeitsüberschreitung in dieser Höhe keine Punkte in Flensburg gibt, ist hier eine Abänderung des Bußgeldbescheides für den Betroffenen besonders wichtig, erläutern die DAV-Verkehrsrechtsanwälte.

Informationen: www.verkehrsrecht.de

22Jul/11

Urlaubsabgeltung und Arbeitslosengeldanspruch


Erfurt/Berlin (DAV). Beendet der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit einem erkrankten Arbeitnehmer, muss er prüfen, wann dessen Arbeitsunfähigkeit endet und sein Anspruch auf Arbeitslosengeld beginnt. Zahlt er dem Arbeitnehmer während der Krankschreibung eine Urlaubsentgeltung, darf dieser das Geld behalten. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die Urlaubsentgeltung als Ausgleich für Leistungen der Arbeitsagentur an diese zu zahlen. Auf eine entsprechende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 17. November 2010 (AZ: 10 AZR 649/09) macht die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) aufmerksam.

Seit Mitte 2005 war eine Arbeitnehmerin arbeitsunfähig. Das Arbeitsverhältnis endete mit dem Jahr 2005. Da die Arbeitnehmerin aber noch darüber hinaus krankgeschrieben war, bezog sie bis Ende März 2006 Krankengeld. Erst ab April 2006 erhielt sie Arbeitslosengeld. Der Arbeitgeber zahlte der Arbeitnehmerin während der Krankschreibung 2006 Urlaubsentgeltung für die 28 Urlaubstage aus 2005. Daraufhin wandte sich die Arbeitsagentur an den Arbeitgeber und verlangte von ihm diese Urlaubsabgeltung. Sie entsprach der Zahlung des Arbeitslosengeldes für den Monat April 2006. Der Arbeitgeber zahlte und forderte das Geld von seiner ehemaligen Arbeitnehmerin zurück.

In den ersten Instanzen bekam er Recht. Die Richter des BAG entschieden anders. Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers habe seine Zahlung an die Bundesagentur die Arbeitnehmerin nicht von einer eigenen Verbindlichkeit gegenüber der Arbeitsagentur befreit. Die Arbeitsagentur habe zum Zeitpunkt der Krankschreibung keinen Anspruch gegen die Arbeitnehmerin gehabt. Die Arbeitnehmerin dagegen habe Anspruch sowohl auf Arbeitslosengeld als auch auf Urlaubsabgeltung gehabt, denn der Anspruch auf Urlaubsabgeltung sei nicht auf die Arbeitsagentur übergegangen. Ein Anspruch hätte nur entstehen können, wenn Arbeitslosengeld gezahlt worden wäre, obwohl der Anspruch geruht hätte. Ein solcher Ruhe-Zeitraum beginne aber stets mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Im vorliegenden Fall habe die Arbeitnehmerin aber in den ersten drei Monaten nach Ende des Arbeitsverhältnisses kein Arbeitslosengeld erhalten. Daher könne auch kein Anspruch der Arbeitsagentur entstehen. Der Urlaubsabgeltungsanspruch könne nur im unmittelbaren Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen. Beziehe der Arbeitnehmer vorerst Krankengeld, gehe der Anspruch auf Urlaubsentgeltung nicht auf die Arbeitsagentur über, betonen die DAV-Arbeitsrechtler. Der Arbeitgeber müsse dann einem Zahlungsverlangen der Arbeitsagentur auch nicht nachkommen.

Informationen: www.ag-arbeitsrecht.de

08Jul/11

Ohne Schlüsselübergabe keine Pflicht zur Mietzahlung

 Düsseldorf/Berlin (DAV). Ein Vermieter kann für die vermieteten Räumlichkeiten nicht allein schon aufgrund eines vorliegenden Mietvertrages Miete verlangen. Der Anspruch auf Mietzahlung entsteht erst, wenn der Vermieter dem Mieter den Schlüssel übergeben hat. Die Mietrechtsanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV) verweisen auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. Dezember 2010 (AZ: 10 U 60/10).

Der Vermieter hatte im August 2008 ein Mietobjekt erworben. Von einem Mieter verlangte er die Zahlung der Miete bzw. der Nutzungsentschädigung für die vorhergehenden Monate Juni und Juli. Die geltend gemachten Zahlungsansprüche betrafen unterschiedliche Flächen im Mietobjekt. Der Vermieter begründete seinen Anspruch mit einem mündlichen Mietvertrag über die Büroräume im Obergeschoss vom Juli 2008. Nachdem das Landgericht der Zahlungsklage noch stattgegeben hatte, hatte der Mieter mit seiner Berufung beim Oberlandesgericht Erfolg.

Es sei unerheblich, ob tatsächlich aufgrund einer Besprechung im Juli 2008 ein mündlicher Mietvertrag über die Büroräume im Obergeschoss geschlossen worden sei, so die Richter. Denn selbst wenn ein Vertrag zustande gekommen sei, folge daraus nicht automatisch eine Zahlungspflicht des Mieters. Der vertragliche Anspruch auf die Miete entstehe nur, wenn der Vermieter dem Mieter den unmittelbaren Besitz an der Mietsache verschaffe. Üblicherweise geschehe dies durch die Schlüsselübergabe. Diese Übergabe müsse der Vermieter darlegen und beweisen. Im Verfahren konnte der Vermieter jedoch weder die Schlüsselübergabe noch eine tatsächliche Nutzung nachweisen.

Nach Auskunft der Mietrechtsanwälte empfiehlt es sich für beide Parteien, immer auf eine exakte Anfertigung und Unterzeichnung von Übergabeprotokollen zu achten.

Informationen: www.mietrecht.net

08Jul/11

Mieterin haftet nicht für Folgen eines Fehlalarms bei vermutetem Notfall

 Berlin (DAV). Wer hinreichende Anhaltspunkte für einen Notfall in der Nachbarwohnung hat, darf die Feuerwehr rufen. Der Anrufer haftet dann nicht für Schäden, die beim Aufbrechen der Wohnungstür durch die Feuerwehr entstehen. Auf eine entsprechende Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 26. Januar 2011 (AZ: 49 S 106/10) macht die Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV) aufmerksam.

Eine Mieterin hatte erfolglos versucht, ihre Nachbarin verabredungsgemäß telefonisch zu erreichen. Beim ersten Anruf hatte sie ein Stöhnen vernommen und erfolglos den Vornamen der Nachbarin gerufen. Beim zweiten Anruf hatte niemand den Hörer abgenommen, sondern sie hörte lediglich das Freizeichen. Daraufhin rief sie die Feuerwehr, die nach erfolglosem Klingeln die Wohnungstür aufbrach, aber keinen Notfall feststellen konnte: Die Wohnung war leer. Die Mieterin sollte nun die Kosten für die aufgebrochene Tür von über 1.000 Euro zahlen.

Das Landgericht entschied jedoch, dass sie für die zerstörte Tür nicht geradestehen muss. Den Schaden müsse sie sich nicht zurechnen lassen. Es sei nicht zu beanstanden, dass sie eine Notlage vermutet und die Feuerwehr gerufen habe. Diese habe als Behörde nach dem Feuerwehrgesetz eigenständig geprüft, was zu tun sei und die Tür aufgebrochen. Der Nachbarin sei das nicht vorzuwerfen.

Informationen: www.mietrecht.net

22Jun/11

Radfahrer muss Fahrrad über Zebrastreifen schieben

 Frankenthal/Berlin (DAV). Beim Überqueren eines Zebrastreifens haben Radfahrer nicht die gleichen Rechte wie Fußgänger. Kommt es zu einem Unfall, trägt der Radfahrer eine Mitschuld. Bei einem nicht absehbaren Einschwenken auf den Fußgängerüberweg kann den Radfahrer auch eine Alleinschuld treffen. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Frankenthal in der Pfalz vom 24. November 2010 (AZ: 2 S 193/10) hervor, wie die Verkehrsrechtsanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilen.

Eine Pkw-Fahrerin befuhr eine Straße stadtauswärts. Die stadteinwärts zunächst auf einem Radweg fahrende spätere Klägerin wechselte plötzlich auf einen vor einer Straßeneinmündung befindlichen Fußgängerüberweg mit Zebrastreifen. Kurz vor Erreichen der gegenüberliegenden Seite wurde sie von dem Pkw erfasst.

Die Richter sahen im Verhalten der Radfahrerin eine wesentliche Ursache für den Unfall. Sie lasteten ihr daher eine fünfzigprozentige Mitschuld an dem Unfall an. Die Richter wiesen darauf hin, dass in Fällen eines plötzlichen und nicht absehbaren Einbiegens eines Radfahrers auf den Zebrastreifen im Einzelfall sogar eine Alleinschuld des Radfahrers möglich sei. Generell sei zu beachten, dass Radfahrer, die Zebrastreifen radfahrend und nicht schiebend benutzen, im Unrecht seien. Radfahrer hätten anders als Fußgänger auf dem Zebrastreifen keinen Vorrang. Dies sei unabhängig von ihrer Fahrgeschwindigkeit. Sie müssten absteigen und das Fahrrad schieben. Wollten sie fahrend den Fußgängerüberweg überqueren, seien sie gegenüber dem Kraftverkehr wartepflichtig.

Informationen: www.verkehrsrecht.de